Das Aufsichtsratsmandat

Die Corporate Sustainability Reporting Directive in der Umsetzung

Dr. Christine Bortenlänger, Geschäftsführende Vorständin, Deutsches Aktieninstitut, Frankfurt a.M. und Jessica Göres, Leiterin Sustainability Reporting, Deutsches Aktieninstitut, Frankfurt a.M.

Nach der Richtlinie zur Unternehmensberichterstattung im Bereich Nachhaltigkeit (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) müssen die EU-Mitgliedstaaten die Richtlinie bis zum 6. Juli 2024 in nationales Recht umsetzen. Am 22. März 2024 wurde der Referentenentwurf für das CSRD-Umsetzungsgesetz in die Verbändeanhörung gegeben. Wichtige Aspekte, die bei der Umsetzung beachtet werden sollten, werden im Folgenden dargestellt.

Inhalt

I.    Einleitung
II.   Kein Goldplating bei der Umsetzung
    1.  Die Offenlegung im elektronischen Berichtsformat
    2.  Prüfung der Nachhaltigkeitsinformationen durch den Abschlussprüfer möglich
    3.  Vermeidung doppelter Berichtspflichten
III.  Umsetzung der ESRS-Vorgaben
IV.   Ausblick

I. Einleitung

Die Anfang Januar 2023 in Kraft getretene CSRD weitet die Berichtspflichten von Unternehmen über Nachhaltigkeitsaspekte und den Anwendungsbereich der Non-Financial Reporting Directive deutlich aus. Die Zahl der berichtspflichtigen Unternehmen in der EU steigt nach Schätzungen damit von 11.600 auf 49.000 Unternehmen. Allein in Deutschland sind statt 500 Unternehmen zukünftig 15.000 berichtspflichtig.

Mit der CSRD wird eine Nachhaltigkeitsberichterstattung für kleine, mittelgroße und große Unternehmen eingeführt. Die Richtlinie folgt dabei einer doppelten Wesentlichkeitsperspektive. So müssen Unternehmen zum einen prüfen, welche Auswirkungen Nachhaltigkeitsaspekte wie zum Beispiel der Klimawandel auf den Unternehmenserfolg und künftige Cashflows haben (Outside-In-Perspektive). Zum anderen müssen sie untersuchen, welche Auswirkungen das unternehmerische Handeln auf Menschen, Gesellschaft und Umwelt hat (Inside-Out-Perspektive). Kommt man nach einer der beiden Wesentlichkeitsperspektiven zu dem Ergebnis, dass ein Nachhaltigkeitsaspekt wesentlich ist, so ist darüber zu berichten.

Da die Nachhaltigkeitsberichterstattung im Zuge der CSRD der Finanzberichterstattung gleichgestellt werden soll, sieht die Richtlinie auch die Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung durch einen Prüfer vor.
 

II. Kein Goldplating bei der Umsetzung

Mit dem CSRD-Umsetzungsgesetz sollen diese Vorgaben in nationales Recht übernommen werden. Im Rahmen der Verbändeanhörung konnten bis zum 19. April Stellungnahmen beim Bundesjustizministerium eingereicht werden. Ob das Gesetzgebungsverfahren bis zum 6. Juli abgeschlossen werden kann, ist noch nicht abzusehen.

Der vorliegende Referentenentwurf stellt klar, dass es sich im Wesentlichen um eine eins-zu-eins Umsetzung der zugrundeliegenden unionsrechtlichen Vorgaben der CSRD handelt. Das ist zu begrüßen und die Änderungen gehen auch grundsätzlich nicht über diese hinaus. Folgende Aspekte sind aus Sicht der kapitalmarktorientierten Unternehmen dabei wichtig.

1. Die Offenlegung im elektronischen Berichtsformat

Die Unternehmen, die in den Anwendungsbereich der CSRD fallen, haben ihren Lagebericht um einen Nachhaltigkeitsbericht zu erweitern. Dieser hat im Lagebericht einen dafür vorgesehenen, klar erkennbaren Abschnitt zu bilden. Die Nachhaltigkeitsinformationen des Lageberichts sind dabei nach dem europäischen, einheitlichen elektronischen Berichtsformat (kurz: ESEF) aufzustellen. Das ESEF-Format dient dazu, Informationen in digitaler Form auffindbar, vergleichbar und maschinenlesbar zu machen. Dazu müssen diese Informationen im elektronischen Dokument mittels der sogenannten „eXtensible Business Reporting Language“ (XBRL) gekennzeichnet werden. Die XBRL-Taxonomie zu den ESRS, die hierfür den verbindlichen Rahmen vorgibt, befindet sich noch im Entwurfsstadium.

Das Wort „aufstellen“, das der Gesetzgeber im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung für das englische „prepare“ gewählt hat, eröffnet leider eine Diskussion neu, die in Bezug auf die Finanzberichterstattung schon beendet war. Seit 2020 müssen Jahresfinanzberichte beim Unternehmensregister im ESEF-Format eingereicht werden. Der Gesetzgeber hatte sich seinerzeit zurecht dafür entschieden, zwischen dem „aufgestellten“ Abschluss und seiner späteren „Offenlegung“ im ESEF-Format zu unterscheiden. Nur so wird nämlich sichergestellt, dass ein bloßer XBRL-Auszeichnungsfehler die Richtigkeit des Abschlusses selbst nicht in Frage stellt. Der Begriff „offenlegen“ muss auch für die Nachhaltigkeitsberichterstattung gewählt werden, um die Konsistenz zwischen Finanz- und Nachhaltigkeitsberichterstattung zu gewährleisten und die Unternehmen nicht unnötigen Risiken auszusetzen.

2. Prüfung der Nachhaltigkeitsinformationen durch den Abschlussprüfer möglich

Zukünftig erfolgt eine vollständige inhaltliche Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts. Damit geht auch die Frage einher, ob der Nachhaltigkeitsbericht mit den europäischen Nachhaltigkeitsstandards (European Sustainability Reporting Standards/ESRS) und den Vorgaben des Artikels 8 der Taxonomie-Verordnung übereinstimmt. Die anfängliche Prüfungstiefe mit „begrenzter Sicherheit“ (limited assurance) soll auf eine „hinreichende Sicherheit“ (reasonable assurance) angehoben werden.

Der Richtlinientext sieht vor, dass Mitgliedstaaten im Rahmen eines Mitgliedstaatenwahlrechts bestimmen können, dass neben dem Abschlussprüfer auch weitere Prüfer die Nachhaltigkeitsinformationen prüfen dürfen. Diese Option hat der Gesetzgeber im Referentenentwurf genutzt. Neben dem Abschlussprüfer können Unternehmen einen anderen Wirtschaftsprüfer mit der Prüfung der Nachhaltigkeitsinformationen beauftragen. Unabhängige Serviceprovider, wie z.B. der TÜV, sind zumindest bisher aber nicht als Prüfer vorgesehen.

Wichtig ist allerdings, dass es der Referentenentwurf den Unternehmen überlässt, ob sie den Nachhaltigkeitsbericht von einem anderen Prüfer als demjenigen prüfen lassen, der die Abschlussprüfung durchführt. Aus Gründen der Effizienz werden sich voraussichtlich viele der großen Unternehmen dafür entscheiden, den Abschlussprüfer auch die Nachhaltigkeitsinformationen prüfen zu lassen.

3. Vermeidung doppelter Berichtspflichten

Der Referentenentwurf enthält auch Änderungen am Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), das am 1. Januar 2023 in Kraft getreten ist. Diese sollen dafür sorgen, dass doppelte beziehungsweise gleichgelagerte Berichtspflichten vermieden werden. Unternehmen, die einen Nachhaltigkeitsbericht nach der CSRD erstellen müssen, sollen von dem LkSG-Bericht an das BAFA befreit werden. Für diese Unternehmen sind künftig allein die Berichtsanforderungen nach der CSRD und den ESRS maßgeblich. Der Ansatz, Doppelberichtspflichten zu vermeiden, ist zu begrüßen, hilft er doch Bürokratie abzubauen.

III. Umsetzung der ESRS-Vorgaben

Neben den Vorgaben des CSRD-Umsetzungsgesetzes müssen die Unternehmen bei ihren Nachhaltigkeitsberichten auch die europäischen Nachhaltigkeitsstandards beachten. Nicht nur die große Anzahl der Datenpunkte, die es zu berichten gilt, sondern auch die Wesentlichkeitsanalyse und die Berichterstattung entlang der gesamten Wertschöpfungskette (Up-stream und teilweise Down-stream-Lieferkette) stellen die Unternehmen bei der Umsetzung der ESRS vor große Herausforderungen.

Im Dezember letzten Jahres hat die EFRAG drei erste Anwendungsleitlinien (Implementation Guidances) veröffentlicht. Diese behandeln die Wesentlichkeitsanalyse, die Wertschöpfungskette und die zu veröffentlichenden Datenpunkte. Nach Durchsicht der Anwendungsleitlinien wurde deutlich, dass noch Unstimmigkeiten und unklare Anforderungen in den Dokumenten enthalten sind. Die EFRAG muss auf das Feedback der Konsultation zügig reagieren und Umsetzungshilfen bereitstellen, die Lösungswege für die Unternehmen aufzeigen, ohne sie mit neuen Fragen zu konfrontieren. Besonders diejenigen Unternehmen, die sich bislang noch nicht mit ESG-Berichtspflichten befasst haben, müssen durch schlanke Vorgaben und Beispiele besser abgeholt werden.

Dass bei der Anwendung der ESRS noch große Unsicherheit herrscht, zeigen auch die mehr als 360 Fragen, die bei der ESRS Q&A Plattform bis Mitte März 2024 seitens der Stakeholder eingereicht wurden. Im Februar und März dieses Jahres hat die EFRAG zwei Sets an Erläuterungen (Explanations) veröffentlicht, die allerdings nur 24 unverbindliche Antworten auf die eingereichten Fragen umfassen. Hier braucht es deutlich mehr und schnelleren Output, da die Unternehmen bereits mitten in der Umsetzung sind.

IV. Ausblick

Mit der Umsetzung der CSRD-Vorgaben wird die Transparenz von Unternehmen deutlich zunehmen, da diese umfassende Nachhaltigkeitsinformationen offenzulegen haben. Es ist es wichtig, dass die nationale Umsetzung der CSRD in Deutschland zügig erfolgt, damit die Unternehmen diese Transparenzanforderungen auch rechtssicher umsetzen können. Auch die fortlaufende Unterstützung der berichtspflichtigen Unternehmen, zum Beispiel durch die EFRAG betreffend die Umsetzung der ESRS, ist dabei von zentraler Bedeutung.

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